Barrierefreiheit von Corona-Impfzentren – dringender Bedarf an Optimierungen im Design für Alle

Impfstoff wird auf Nadel aufgezogen

Stellungnahme des „Design für Alle – Deutschland e.V. (EDAD)“

Im Rahmen der Maßnahmen gegen COVID19 wurden bzw. werden bundesweit Impfzentren eingerichtet und betrieben.
Um allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zum Impfschutz zu ermöglichen, muss die barrierefreie Erreichbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit dieser Impfzentren gewährleistet sein.

EDAD begrüßt, dass dafür von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit die Handlungsempfehlung „Hinweise für die Einrichtung und den Betrieb barrierefreier Corona-Impfzentren“ verfasst wurde. Link zum PDF-Dokument

Im Rahmen einer Arbeitsgruppe hat EDAD nun die Anleitung um wichtige Ergänzungen erweitert und Aspekte des Design für Alle kommentiert.
Dazu gehören unter anderem folgende Punkte:

  • Informationsfluss:
    Die Handlungsempfehlung ist bei vielen Betreibern und Errichtern von Impfzentren unbekannt oder wurde nicht immer an die mit der Ausführung befassten Stellen weitergeleitet.
    EDAD befürwortet und unterstützt die Weiterverbreitung des Dokuments an Betreiber, Fachkollegen, Interessensvertreter und ausführende Firmen.
  • Kontrolle:
    Auf lokaler Ebene sollten geeignete Prüfinstanzen in der Lage sein, die barrierefreie Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Impfzentren mithilfe der Handlungsempfehlung zu prüfen. Analog zur Brandschutzprüfung durch die Feuerwehr wünscht EDAD sich die Einbindung lokaler Interessensvertreter oder Inklusionsbeauftragter.
  • Unterstützungsbedarf:
    EDAD möchte auf die Bedeutung von persönlicher Assistenz für Menschen mit Unterstützungsbedarf bei Terminvergabe, Anreise und Besuch der Impfzentren hinweisen. Vor Ort wird dafür sensibilisiertes und geschultes Personal (z.B. Gebärdensprachen-Dolmetscher, Begleitpersonen) benötigt. Ist das nicht dauerhaft realisierbar, sollte über einen persönlichen Kontakt nach einer pragmatischen Lösung gesucht werden können.
  • Information, Beschilderung und Besucherleitung
    EDAD begrüßt Leitsysteme und Beschilderungen durch die Impfstraßen, die taktil, visuell kontrastreich und gut lesbar gestaltet sind.
    Bodenleitstreifen sollten vom Parkplatz/Bus/Absetzpunkt bis zu einer zentralen Anlaufstelle (z.B. Rezeption) geführt werden, von der aus weitere Hilfe in Form von Begleitung erfolgen kann. Schriftliche Informationen sollten durch Piktogramme ergänzt werden, damit sie unabhängig von Sprach- und Lesekompetenzen verständlich sind.
    EDAD empfiehlt – ergänzend zu den Hinweisen des Leitfadens – die Internetseite leserlich.info und verweist auf die Anforderungen an visuelle Kontraste aus DIN 18040 bzw. DIN 32975.
  • Informationsangebot vor dem Besuch
    Auf der Infoseite der AKTION MENSCH finden Menschen mit Behinderung eine aktuelle Übersicht über barrierefreie Informationsangebote zum Corona-Virus und zur Corona-Impfung.
    Angeboten werden Informationen z.B. in Einfacher Sprache, Leichter Sprache, Gebärdensprache und in Form von Erklärvideos. www.aktion-mensch.de/corona-infoseite
    EDAD unterstützt dieses Angebot ausdrücklich und empfiehlt die Verlinkung und Verbreitung im Zusammenhang mit Kommunikationsmaßnahmen.

EDAD steht in fachlichem Austausch mit der Bundesfachstelle Barrierefreiheit, einige der Vorschläge sind so bereits in den Leitfaden eingeflossen.

Für die Zukunft sieht EDAD einen großen Bedarf, bestehende Impfzentren zu optimieren. Auch von Corona-Schutzausstattung in anderen Bereichen (Glasscheiben, Desinfektionsmittelspender etc.), die meist schnell, provisorisch und meist ohne Augenmerk auf Barrierefreiheit errichtet wurden, ergibt sich großer Nachholbedarf für die kommenden Monate und Jahre.

Wir ermutigen Planer und Betreiber von Impfzentren und anderen öffentlich zugänglichen Orten, diese barrierefrei im Sinne eines „Design für Alle“ zu gestalten. Nutzen Sie die Kompetenz und das gesammelte Praxiswissen unserer Mitglieder, damit die Impfzentren von allen Menschen barrierefrei genutzt werden können! Für weitere Hinweise und den Austausch mit Planern und Betreibern von Impfzentren steht EDAD gern zur Verfügung

Hamburg / Münster im Februar 2021
Für EDAD: Mathias Knigge, Simon Kesting, Markus Georg

www.design-fuer-alle.de